Das Beutelbuch - Einzigartiger Bucheinband im Mittelalter

Das Beutelbuch, auch als Gürtelbuch, Buchbeutel oder Booksbüdel bekannt, war eine besondere Form des Bucheinbands, die im Mittelalter ab dem 14. Jahrhundert sehr beliebt war. Die Besonderheit bestand darin, dass über den normalen Ledereinband ein zweiter Bezug gelegt wurde, der über den unteren Buchschnitt hinausragte. Dadurch entstand eine beutelartige Form, die es ermöglichte, das Buch wie einen Beutel zu tragen oder am Gürtel zu befestigen.

Buch und Beutel
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22.09.2025

Verwendungszweck und Inhalt der Beutelbücher

Beutelbücher dienten vor allem als tragbare Breviere für Ordensleute, die so ihre Gebetbücher immer bei sich haben konnten. Auch wohlhabende Laien nutzten die kostbaren Beutelbücher für Stundenbücher und Andachtsbücher. Reisende Ärzte und Kaufleute verwendeten Beutelbücher als Vademecum, um wichtige Notizen stets griffbereit zu haben. Der Inhalt der meist kleinformatigen Bücher im Oktav-, Duodez- oder Dedez-Format bestand zunächst aus beschriebenem Pergament, später auch aus handgeschöpftem Papier.

Herstellung und Materialien

Die ersten Beutelbücher entstanden in den Buchbinderwerkstätten der Klöster. Die Buchblöcke wurden auf Schnüre geheftet und mit Holzdeckeln versehen, die mit Leder überzogen wurden. Das Leder am unteren Buchschnitt wurde verlängert, um den charakteristischen Buchbeutel zu formen. Dieser wurde oft kunstvoll geknotet oder mit Verschlussbändern und Metallschließen versehen. Um die Beutelbücher in Regalen aufbewahren zu können, wurden die Beutel später oft abgeschnitten.

Erhaltene Exemplare und Ende der Beutelbücher

Nur wenige originale Beutelbücher aus dem 15. und 16. Jahrhundert sind bis heute erhalten geblieben, darunter 23 Exemplare in europäischen Bibliotheken. Einige Beispiele sind das Gebetbuch der Margarethe von Münsterberg um 1500 in Dessau, das Beutelbuch aus Tegernsee in der Bayerischen Staatsbibliothek München und ein Gebetbuch von 1454-1484 in der Stiftsbibliothek Kremsmünster. Im 16. Jahrhundert endete die Ära der Beutelbücher, die heute noch als Reminiszenz an eine besondere Form der mittelalterlichen Buchbindekunst faszinieren.